Pirouette auf der Autobahn
Nicht zur Nachahmung empfohlen!
Es ist Juni, eigentlich sollten wir zu dieser Zeit schönes Wetter mit viel Sonnenschein und heißem Asphalt haben. Doch das Wetter, so wechselhaft wie es an diesem Tag war, gestaltete sich sehr unvorteilhaft. Als würde das Wetter Lijan und mich auf dem Weg nach Hause eines 3 Tage Seminar´s in Regensburg sabotieren wollen. Was heisst hier würde? – Es sabotierte! Und das mit Erfolg. Ab diesem Tag, war meine unfallfreie Zeit seit ich den Führerschein besitze vorbei. .
Schon morgens als ich an jenem tragischen Tag aufwachte hatte ich ein ungutes Gefühl im Magen.
Irgendwas in mir sagte: “ Heute ist kein guter Tag .. “ Schnell verwarf ich den Gedanken und richtete mich zum Frühstück. Ich war in Regensburg auf einem Wahrnehmungsseminar. Dessen Schwerpunkt war es kurz gesagt, das Gesehene nicht mit der Gewohnheit abzustempeln. Viele unserer Urteile bilden sich ausschließlich aus Erfahrungen die nicht zwingend auf das Jetzt anwendbar ist.
Irgendwie ironisch, wenn ich bedenke, dass ich zum Abschluss des Seminars auf dem Heimweg direkt den Praxisbeweis bekam.
Mittags, nach dem letzten gemeinsamen Mittagessen verabschiedeten sich alle Teilnehmer und machten sich auf die Heimreise. So auch ich. Das Wetter war wechselhaft, mal Regen, mal kurz trocken, mal richtig ordentlich Regen und ab und zu brachen wenige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Man könnte es April-Wetter nennen, aber der Kalender sagte eindeutig, dass der April schon rum ist..
Meine Sachen waren in Lijan verstaut und gesichert ( ich schnalle Gepäck sofern möglich Grundsätzlich an. ) .
Navi war konfiguriert und die Onboard-Kamera angeschalten.
Jetzt können wir endlich heim.
Die Routenführung sah vor, von der Autobahn A3 auf die A93 Richtung Süden um dann schließlich über die A9 zurück nach München. Die A3 war vom Hotel aus schnell erreicht und eigentlich sollte nichts mehr dazwischen kommen rechtzeitig nach Hause zu kommen. Das Radio gab keine Staumeldungen und die Autobahn war nicht überfüllt. Eigentlich alles ganz normal. Ok, es regnete, was das Fahren mit dem Mini nicht einfacher gestaltet. Gerade die Dunlop2000, welche meine Hinterachse zieren, sind bei nasser Fahrbahn nicht die Besten. Ein plötzlicher Wolkenbruch auf dem Weg zur A93 schränkte mich erstmal in der Sicht ein. Da hieß wie bei den anderen Fahrern:
Geschwindigkeit drosseln. So viel Wasser konnten die Scheibenwischer garnicht auf Seite schaffen, wie da runter kam. Aber es war soweit alles in Ordnung.
Bis ich das Autobahnkreuz erreichte.
Der Regen hatte mittlerweile wieder Pause gemacht, ich konnte wieder sehen, aber die Straße war noch immer nass. So fuhr ich auf den Zubringerkreis auf die A 93 zu. Ich weis garnicht, wie nennt man das Streckenstück, wenn man von einer Autobahn auf eine Andere auffährt? Ich bremste von 80km/h runter auf 60 um in die Kurve zu fahren. Im Rückspiegel sah ich einen weiteren Fahrer, der viel Abstand hielt und so erwartete ich nichts schlimmes.
Pirouette auf der Autobahn
Doch dann ging es ganz schnell,
Lijan wollte tanzen und schlug sich ein blaues Auge!
Nach einem Drittel, der Ab-, Auf-, Zufahrt spürte ich ein „schwammig ungewohntes“ Fahrgefühl. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass meine Lenkung nicht so greift wie ich es aus Erfahrung gewohnt bin. Mittlerweile bin ich mir nichtmehr sicher, ob es so war, aber ich glaube ich habe das Lenkrad noch ein weiter eingeschlagen, als es für diese Kurve nötig gewesen wäre. Aber es tat sich keine Änderung an diesem Fahrgefühl.
In Bruchteilen von Sekunden grüßte mich dann schließlich die Kraft der Trägheit.
Normalerweise, wenn man eine Kurve durchfährt drückt es einen selbst an den äusseren Kreis der Kurve. Das macht die Trägheit. Wie in einer Achterbahn, wenn es einen links und rechts aus den Sitzen schleudern droht.
Genau dieses Gefühl war plötzlich weg. Nach der Normalität suchend spürte ich in einer Ahnung von Schwerelosigkeit, dass hier etwas passiert. Was allen anderem entspricht, als dem was ich aus meiner Erfahrung kenne.
Um auf den Punkt zu kommen beschreib ich den Rest mal im Übertragenen Sinne:
Ich blickte aus dem linken Fenster und sag wie das Heck des Mini zum Überholen ansetzte. Mein Versuch gegenzulenken scheiterte. Im Grunde war es egal wohin ich lenkte, denn es gab keine Haftung mehr zum Boden. So schwebte ich wie in einem Luftkissenboot direkt auf die innere rechte Leitplanke zu. Das unvermeidliche kommen sehen und ganz viel scheisse scheisse scheisse denkend, trat ich voll in die Bremse. Immernoch voller Hoffnung, dass das gut ausgeht rutschte ich nun mit blokierten vorderen Rädern in die Leitplanke. Lijan hatte dazu nichts besseres im Sinn als zur Krönung noch ein Pirouette zu drehen, sodass wir letztendlich in der Mitte beider Fahrspuren zum stehen kamen.
Unter Schock guckte ich erst nach hinten. Der Fahrer, der schon zu Anfangs der Kurve hinter mir war müsste ja auch noch irgendwo sein. Nicht dass er es zu spät sieht und in mich hineinkracht. Glücklicherweise war dem nicht so. Er hielt wie schon vorhin erwähnt gut Abstand zu mir und bemerkte rechtzeitig, dass hier ein Unfall passiert.
So hielt er einige Meter weiter zurück, am Anfang der Kurve und schaltete seinen Warnblinker an. Auch wenn ich nicht die Möglichkeit hatte das mit ihm zu besprechen, gehe ich davon aus, dass er soweit entfernt anhielt um die anderen Fahrer noch vor der Kurve zu warnen.
Dort wo ich zum Stehen kam, war es nicht leicht einsehbar und ein 40 Tonner hätte das auf der nassen Fahrbahn definitiv nichtmehr geschafft rechtzeitig zum Stillstand zu kommen. An dieser Stelle geht ein riesiges Danke an den Unbekannten, der vorbildlich und richtig Reagiert hat. Mein nächster Gedanke war, gerade aufgrund des schwer einsehbaren Standortes, schnell weg hier. Unter Schock konzentrierte ich mich nun ob der Motor noch lief und das tat er. So legte ich einen Gang ein und suchte am Ende der Kurve eine Stelle wo ich einigermaßen sicher halten konnte. Ein Standstreifen existierte hier ja nicht.
Der Unbekannte Fahrer geleitete mich und als ich endlich ein Stück Rasen zum Halten fand, fragte er mich durchs Fenster ob alles ok sei. Dafür hielt er links neben mir und gefährdete sich selbst. Ich hatte die Situation noch nicht ganz begriffen, sagte mit mir schon aber mit dem Mini wahrscheinlich nicht und so fuhr der Unbekannte weiter.Etwas verpeilt suchte ich das Warndreieck um es 100m weiter zurück aufzustellen und erinnerte mich an die Worte des Fahrlehrers.
„Die Hülle des Dreiecks auf den Fahrersitz legen, damit es nicht vergessen wird, es gibt genug traurige Warndreiecke die einsam ihr dasein am Straßenrand verweilen. „
Nachdem das Dreieck aufgebaut war, stapfte ich los um es aufzustellen, doch auf halbem Wege kam mir noch ein Gedanke. Warum hab ich eigtl. Warnwesten im Mini? Ach ja, für den Fall der Fälle der gerade eingetreten ist. Also stapfte ich wieder zurück um mir die Warnweste anzuziehen.
Und nun wieder weiter Dreieck aufstellen. Ich lief die besagten 100 Meter ohne Sie abzuzählen und versuchte es am Anfang der Leitplanke direkt auf der Planke zu platzieren. Mit klarem Verstand, hätte ich das nicht versucht. Denn es viel dauernd um und benötigte etwas bis ich überrissen habe, dass man das Warndreieck auch auf den Boden stellen kann.Nun war es an der Zeit den Schaden zu begutachten. Viele Fragen hatte ich zu diesem Zeitpunkt in meinem Kopf, aber eine der wichtigsten nicht. Dazu später mehr. Warnblinker ist immernoch an und die Scheinwerfer auch. Der rechte vordere Kotflügel hat alles abbekommen. Scheinwerfer und Blinker sind hinüber.
Als nächstes versuchte ich mit der Hand die Splitter aus dem kaputten Scheinwerfer zu ziehen, aber weit kam ich damit nicht. So zog ich das Panzertape raus und klebte da vorne alles ab. Dann sammelte ich mein Warndreieck wieder ein und fuhr erstmal weiter, von der Autobahn runter um einen richtigen Platz zum Halten zu finden. Die Stelle an der ich Stand kam mir schließlich auch nicht so sicher vor. Seit diesem Zeitpunkt hatte ich vor jeder Kurve die kam Angst, das geht auch bis heute so.. Den Rest des Weges nach Hause machte ich dann über Landstraßen. Brauchte zwar dementsprechend länger. Aber auf die Autobahn hab ich mich nichtmehr getraut.
Abends dann, als ich mit meiner Familie telefonierte und den Vorfall zu schildern, kam eine Frage auf.
Was sagt die Polizei?
„Wie Polizei, hab doch niemanden ausser mir selbst einen Schaden zugefügt.. ? “ – Ja, hier die wichtigste Frage, ist die Polizei informiert worden?`
Wenn nicht, dann schleunigst machen. Alles andere stellt eine Straftat dar. Unfall mit Fahrerflucht. Auch wenn niemand zu schaden gekommen ist.. Das hab ich dann nachgeholt und durfte mich nicht wundern, dass ich dann am Telefon recht unfreundlich ermahnt worden bin. Es hieß dann, dass ich evtl demnächst Post bekomme von der Polizei sowie von der Autobahnmeisterei, weil ich die Leitplanke evtl. ersetzen muss. Ein Teilstück soll lt. Aussage 150 Euro kosten.. Post bekam ich glücklicherweise bis heute keine. Und mehr als ein Teilstück hätte ich auch nicht ersetzt, da ich das Ganze auf Video habe und darauf ersichtlich ist, dass die Leitplanke keinen Schaden davon getragen hat.
Wie, der hat´s auf Video? – Ja hab ich und das werde ich euch nach dem langen Text nicht länger vorenthalten:
( Die Aufnahme ist ohne Ton, sowie kann es Abweichungen zur Originalgeschwindigkeit geben wegen der Webkonvertierung )
Das Ausmaß des Schadens:
Im Fazit hatte ich Glück im Unglück, denn das hätte noch um einiges schlimmer ausgehen können. Bis heute weis ich nicht, welche Möglichkeiten ich gehabt hätte Lijan noch einzufangen und den Unfall komplett zu verhindern. Ich hoffe, dass mir dabei ein Fahrertraining helfen wird. Ihr könnt mir auch gerne Tipps per Kommentar hinterlassen.
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